Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft (GSI)
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Forschung: Vergleich politischer Systeme Ostmitteleuropas und Eurasiens (Stykow)

Vom „kommunistischen Ostblock“ zu „vier Welten des Postsozialismus“

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gehörten die Länder Ost(mittel)europas und Eurasiens zur sogenannten „Zweiten Welt“, in der ein politisches, ökonomisches, gesellschaftliches und zivilisatorisches Gegenmodell zur Demokratie des Westens realisiert werden sollte. Nach dem Scheitern dieses Projekts schien zu Beginn der 1990er eine „Rückkehr nach Europa“ einzusetzen, die zur Übernahme von Demokratie und Marktwirtschaft führen würde. Ein Vierteljahrhundert später jedoch zeigt sich wiederum ein anderes Bild: Als politisch mehr oder weniger homogene Region existiert „Osteuropa“ nicht mehr, denn

  • die ostmitteleuropäischen Länder und die drei ehemaligen baltischen Sowjetrepubliken sind marktwirtschaftliche Demokratien und der EU beigetreten;
  • die südosteuropäischen Länder scheinen diesem Trend mit einiger Verspätung zu folgen;
  • in Moldova, der Ukraine, Georgien und Kyrgyzstan bleiben gewisse Chancen einer erfolgreichen Demokratisierung gewahrt und
  • die anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion haben entweder in den 1990er Jahren gar keine „Transformation zur Demokratie“ erfahren oder sind aktuell durch sich konsolidierende autoritäre Regime geprägt.

Forschungsschwerpunkte

(1) Konsolidierung durch Wandel: Politische Institutionen in den autoritären Regimen Eurasiens

Wie funktionieren die postsowjetischen hybriden und autoritären Regime? Zwar finden sich in allen Nachfolgestaaten der Sowjetunion die wichtigsten Basisinstitutionen von Demokratien - z.B. regelmäßige Wahlen und Verfassungen, die Demokratie, politischen Pluralismus und Bürgerrechte versprechen - sowie politische Organisationen wie Parteien, Verbände und NGOs, sie tragen aber im Normalfall dazu bei, autoritär agierende Präsidenten zu stärken und ihre Herrschaft zu konsolidieren. Wie gelingt es ihnen, aus dem Westen importierte formal-demokratische Institutionen so zu nutzen, dass der politische Wettbewerb stranguliert wird? Wie wirken formale Institutionen und informelle Praktiken zusammen? Welche Rolle spielen sowjetische und vorsowjetische Hinterlassenschaften und die Weltbilder einheimischer Akteure bei der Anpassung und „Umdeutung“ importierter westlicher Vorbilder? Sind die Konzepte der Vergleichenden Politikwissenschaft überhaupt angemessen, um die Spezifik moderner autoritärer Regime zu erfassen?

Aktuelle Forschungsprojekte

(2) Von der „postsozialistischen Transformation“ zu EU-Europäisierung und Globalisierung

In den Internationalen Beziehungen und der Europäisierungsforschung wird traditionell der Einfluss internationaler Organisationen bzw. der Europäischen Union auf nationale Politiken und Institutionen untersucht. In der Area-informierten politikwissenschaftlichen Forschung zum östlichen Europa und dem eurasischen Raum sind diese Faktoren hingegen lange Zeit als sekundär angesehen worden, während die IB-Forschung ihrerseits innenpolitische Prozesse für vergleichsweise nachrangig hielt. Die Forschungsprojekte in diesem Schwerpunkt verorten sich gezielt an der Schnittstelle von Demokratisierungs- („Transformations“-) und Europäisierungsforschung und zielen darauf, die „blackbox“ nationaler Politiken aufgrund vertiefter Area-Expertise weit auszuleuchten. Damit soll dazu beigetragen werden, Diskurse der Vergleichenden Politikwissenschaft und der Internationalen Beziehungen bzw. der Europäisierungsforschung anhand von relevanten regionalspezifischen Forschungsfragen miteinander besser ins Gespräch zu bringen.

Abgeschlossene Forschungsprojekte

(3) Identitäten und Diskurse

Wie wird Wirklichkeit durch Sprache konstruiert und welche politischen und gesellschaftlichen Konsequenzen sind damit verbunden? Die Promotionsprojekte des dritten Forschungsschwerpunkts der Lehreinheit widmen sich der Diskurs- und Identitätsforschung. Ausgehend von einer sozialkonstruktivistischen Perspektive gehen sie der Frage nach, wie Realitäten in und über das östliche Europa in parlamentarischen und öffentlichen bzw. medialen Debatten bewusst und unterbewusst (re)produziert und rezipiert werden. Anspruch ist dabei, nicht allein eine quantitative Auszählung von sprachlichen Mitteln und Schlagworten durchzuführen, sondern das „Gesprochene“ auch anhand qualitativer diskursanalytischer Forschungsdesigns zu durchdringen.

Abgeschloßene Forschungsprojekte

Projekte von externen Doktoranden und Gastwissenschaftlerinnen  

Abgeschlossene Dissertationsprojekte

bader_2014

Katarina Bader: Medialisierung der Parteien, Politisierung der Medien – Interdependenzen zwischen Medien und Politik im postsozialistischen Polen

Springer VS, 2014
ISBN 978-3-658-03608-9                       

 


LFedorova_2011enka Fedorova: The Effectiveness and Limits of EU Conditionality: Changing Domestic Policies in Slovakia (1989- 2004)

LIT Verlag, 2011
Reihe: Europäisierung - Beiträge zur transnationalen und transkulturellen Europadebatte, Bd. 8
ISBN 978-3-643-11046-6                                    

 

Hagemann_Buch

Christian HagemannEU Funds in the New Member States: Party Politicization, Administrative Capacities, and Absorption Problems after Accession

Palgrave Macmillan, 2019
Palgrave Studies in European Union Politics
ISBN 978-3-030-02092-7


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