Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft (GSI)
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Nachruf: Prof. Dr. Gottfried-Karl Kindermann

06.12.2022

Das Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft trauert um

Prof. Dr. Gottfried-Karl Kindermann

em. Professor für Internationale Politik

Gottfried-Karl Kindermann wurde 1967 nach seiner Habilitation in Freiburg vom Bayerischen Kultusminister Dr. Ludwig Huber auf den ersten Lehrstuhl für Internationale Politik in Deutschland berufen. Er war einige Jahre Assistent bei Hans Morgenthau in Chicago gewesen. Morgenthau gilt als der Begründer der Disziplin Internationale Politik (Politics Among Nations, N.Y. 1948).

In München angekommen stellte Professor Kindermann ein kleines Mitarbeiterteam zusammen, dem Kollegen aus Taiwan, Südkorea, Vietnam und Deutschland angehörten. Dieses Team spiegelte sein großes wissenschaftliches Interesse am Fernen Osten wider. Kindermann stürzte sich mit großer Energie in die neuen Aufgaben, forschte, lehrte und entwickelte in den folgenden Dekaden den Denkansatz des „Neorealismus der Münchener Schule“, dem eine Fortentwicklung von Morgenthaus Politischem Realismus zu Grunde lag. Dieser Denkansatz verknüpft eine internationale Macht und Interessen-Denkkategorie mit einem differenzierten Perzeptionsansatz. Seine internationalen Aktion-Reaktion-Analysen waren meisterhaft, stets nachvollziehbar und mit Schlüsseldokumenten belegt. Der Zuspruch der Studenten war entsprechend groß.

Kindermann war mit Leib und Seele Österreicher. Er verfügte über die Geschmeidigkeit und den Charme eines Wieners, gepaart mit einer Prise guten Humors. Die Pünktlichkeit des Unpünktlichen war bei ihm wienerisch tolerierbar. Die Namensfindung des „Geschwister-Scholl-Instituts“ geht auf seinen Vorschlag zurück. Unvergesslich sind seine faszinierenden Seminare im alten Institut in der Konradstraße, wo der Pedell die Seminaristen spät abends wegen Zeitüberschreitung einschloss und die Studenten samt Professor die Mülltonnen als Steighilfen nutzten, um die Mauer zur Straße zu überwinden. Im Jahr 1968 wurden seine Vorlesungen von den Roten Zellen, Spartakus u.a. mehrfach gesprengt, bzw. ihm der Eingang verwehrt. Mit einer Perücke mit langen schwarzen Haaren versehen, durchbrach er die "Eingangssperren" und konnte wenigstens einige Zeit seine Vorlesung halten. Zu seinen Erkennungsmerkmalen gehörte auch ein schwarzer Regenschirm, den er grundsätzlich bei sich führte - auch bei schönstem Wetter.

Kindermann war ein Ordinarius vom alten Schlag, mit ungeheurem Wissen herausragend als Wissenschaftler und großer Güte bei der Förderung seiner Studenten.

Am 27. November 2022 ist "GKK" wie ihn seine Schüler nannten im hohen Alter von 96 Jahren in München verstorben. Mit Gewissheit begleitet ihn sein schwarzer Regenschirm auf seiner langen Reise.

Dr. Kai M. Schellhorn (wiss. Assistent 1970-1978)


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