Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft (GSI)
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Forschung: Global Governance (Zangl)

Das Regieren hat sich seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert grundlegend verändert. Regieren (governance) ist insbesondere in der so genannten OECD-Welt nicht mehr allein Aufgabe staatlicher Institutionen – insbesondere der Regierung (government). Die Jahrhunderte währende Verstaatlichung des Regierens ist seiner vermehrten Entstaatlichung gewichen, so dass heute immer öfter nicht-staatliche Institutionen am Regieren beteiligt sind. Beispiele sind internationale Institutionen wie die Welthandelsorganisation (WTO), der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Vereinten Nationen (UNO), aber auch private Institutionen wie beispielsweise Private Sicherheitsfirmen (PMCs) oder Kreditbewertungsagenturen (CRAs). Diese Institutionen dringen heute tief ins staatliche Kerngeschäft des Regierens ein bzw. sind mit diesem Kerngeschäft eng verwoben. Die seit April 2009 bestehende Arbeitsgruppe Global Governance and Public Policy geht diesen grundlegenden Transformationsprozessen modernen Regierens nach. Dabei verfolgt sie momentan folgende Forschungsschwerpunkte:

  • Indirektes Regieren: Regierende benötigen fast immer Intermediäre, die ihnen übertragene Regierungsgeschäfte im Auftrag der Regierenden übernehmen. Staaten übertragen bestimmte Aufgaben an internationale Institutionen, die ihrerseits wiederum Aufgaben an zivil-gesellschaftliche oder privatwirtschaftliche Organisationen übertragen. Dabei suchen Regierende – nationale wie internationale, private wie öffentliche – stets Intermediäre, die zugleich kompetent und kontrollierbar sind. Dies führt sie automatisch in ein Dilemma: sie können entweder auf Kosten der Kontrolle kompetente Intermediäre wählen oder aber auf Kosten der Kompetenz ihre Intermediäre voll kontrollieren. Abhängig von den konkreten Rahmenbedingungen wählen sie deshalb unterschiedliche Formen des indirekten Regierens: Delegation, Kooptation, Treuhandschaft oder Orchestration. Unterschiedliche Projekte dieses Forschungsschwerpunkts untersuchen, unter welchen Bedingungen welche Form des indirekten Regierens gewählt wird.
  • Globale Machtverschiebungen: Die internationale Ordnung hat sich seit dem Ende des Ost-West-Konflikts grundlegend gewandelt. Internationale Institutionen haben an Macht gewonnen. Zugleich haben in diesen Institutionen die ehemals dominanten Mächte wie die USA an Macht eingebüßt, während neue Mächte wie China ihre Macht ausgebaut haben. Projekte in diesem Forschungsschwerpunkt untersuchen, wie sich internationale Institutionen an die veränderten Machtverhältnisse anpassen. Dabei wird zwischen drei Anpassungspfaden unterschieden: power bargaining, rhetorical coercion und strategic cooptation. Die Projekte untersuchen, unter welchen Bedingungen sich welcher Anpassungspfad einstellt und unter welchen pfadspezifischen Bedingungen der jeweilige Anpassungsversuch gelingt oder scheitert.
  • Internationale Institutionen in der Öffentlichkeit: Politik ist nicht immer politisiert. Bis ins späte 20. Jahrhundert war die Politik internationaler Institutionen ein Paradebeispiel dafür. Seither aber wird deren Politik – ihr Regieren – in der Öffentlichkeit zunehmend kontrovers diskutiert. Dies hat vor allem mit ihrer zunehmenden Autorität zu tun. Die Projekte in diesem Forschungsschwerpunkt untersuchen, unter welchen Bedingungen die nationale und die internationale Öffentlichkeit die Verantwortung für strittige Politiken wie etwa die Flüchtlingspolitik der EU den internationalen Institutionen selbst bzw. den sie tragenden Mitgliedstaaten zuweist. Außerdem wird nach der transnationalen (insbesondere europäischen) Solidarität und Identität gefragt, auf die sich internationale Institutionen (u.a. die EU) und deren Politiken stützen können. (siehe auch die Website des DFG-geförderten Projekts "Public Responsibility Attribution in the European Union")

Ausführlichere Informationen zu aktuellen Forschungsprojekten finden Sie auf unserer englischen Website.


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